Das Alphabet

A, B, C, D . . .
erklingt die kleine Nachtmusik von Mozart,
wird die ABC-Fibel der Kindheit heruntergeleiert, so wohlvertraut, ein einfacher
, nie in Frage gestellter und selbstverständlicher Bezugspunkt.
Aber welch lange Entwicklung, bis man endlich zu dieser Übereinstimmung zwischen dem Laut und dem geschriebenen Zeichen gelangte, die uns heute so selbstverständlich erscheint.

Das von den Griechen und Etruskern übernommene und vervollständigte, von den Römern ausgefeilte Alphabet breitete sich seitdem aus und veränderte sich über das Lateinische und das Altfranzösische. Die mittelalterlichen Schreiber machten noch keinen Unterschied zwischen dem I und dem J oder zwischen dem U und dem V.

Verwunderung bei der vollkommenen schriftlichen Übereinstimmung der Buchstaben S und F in den klassischen Texten . . .

Dennoch stellte jeder Buchstabe anfangs einen Gegenstand dar, der nach und nach regelmäßiger, geometrischer wurde. An einigen Schriftzeichen kann man noch das antike Modell erkennen, das uns vom Körper, den Elementen oder einer uralten Lebensweise erzählt.

Unser modernes A, das phönizische alef, ein ehemaliger Stierkopf aus Ägypten als Symbol der Fruchtbarkeit und Kraft, blieb das erste Zeichen.

Das B, phönizisch bet, war ein Haus oder besser gesagt: ein Zelt, das uns an die Lebensweise der Nomadenstämme erinnert.

Das D stellte in Ägypten eine Hand und bei den Phöniziern anschließend den Türflicken eines Zeltes dar; es entwickelte sich zum griechischen delta und wurde seither runder.

Das I, welches auf das griechische iota zurückgeht, stellte in Tyrus eine Hand mit augestreckten Fingern dar. Erst seit dem fünfzehnten Jahrhundert kann man dem I endlich das Tüpfelchen aufsetzen . . .

Im O erkennt man noch das phönizische Auge.

Das R stellte an den Gestaden des Nils den Mund und in Tyrus den ganzen Kopf dar.

Das S stellte im Phönizischen die Zähne dar.

Das P entspricht in Tyrus dem Mund und in Ägypten, seltsamerweise, einer Bodenmatte.

Das M oder das N erinnert bei den beiden antiken Völkern an die Wogen des lebenswichtigen Wassers.

An diesem Schnittpunkt so ferner Schriften zeugen die Alphabete von einem ursprünglichen Leben, dessen Sorgen uns auch heute noch etwas angehen.